Wer wenig Kohle hat, sich aber dennoch großen Spielspaß wünscht, der kann oft zu Indie-Titeln greifen. Das sind Spiele, die keinen großen Publisher hinter sich und oft nur wenig Personal in ihren Entwicklerstudios haben. Was vor ein paar Jahren noch belächelt wurde, hat gerade in den letzten Jahren immer mehr Beliebheit gewonnen. Gerade die Pandemie hat immer mehr Gamer von Triple-A-Titeln weg und zu kleinen Studios hingetrieben.
Um gerade diesen Developern eine Chance zu geben, sich auf dem großen Markt zu behaupten, hat die Gamescom eine ganze Area aufgemacht. Die sogenannte Indie Arena Booth stellt jedes Jahr die neusten Indie-Titel vor. Ich habe mir einiges angeschaut dieses Jahr und hier sind ein paar Spiele, die ihr auf dem Schirm haben solltet.

Frank and Drake

Mein absoluter Favorit in der Indie-Ecke war Frank and Drake vom Entwickler Appnormals Team. Das ist ein Point&Click-Adventure mit Urban Fantasy Elementen. (Steam beschreibt es als eine moderne Interpretation der Klassiker Frankenstein und Dracula) Das besondere dabei ist, dass wir zwei Protagonisten haben, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Frank hat Amnesie und ist nur tagsüber aktiv und Drake arbeitet in der Nachtschicht und verträgt kein Licht. Die beiden wohnen aber zusammen und wir spielen abwechselnd den einen oder den anderen.
Auffällig war hier die Frame-by-Frame-Animation und der allgemeine Artstyle. Das Spiel setzt dabei auf einen reduzierten, aber dennoch sehr schönen Comic-Look mit 2D-Art-Elementen. Dabei springen vor allem Kleinigkeiten, wie sich bewegende Graffittis und Lightings ins Auge.

Die Story wirkte auf mich am Stand jetzt erstmal außergewöhnlich, aber noch sehr unaufgeregt erzählt. Ich hoffe, dass Entwickler Appnormals Team nicht zu viel Zeit in die schöne Gestaltung und zu wenig Zeit in das Schreiben einer Handlung gesteckt hat. Das was ich bisher gesehen habe sah vielversprechend und interessant aus.
Anzocken kann man Frank and Drake jetzt schon, allerdings nur als Demo. Die Vollversion soll aber bereits im Februar 2023 auf Steam erscheinen.

Soulitaire

Bei Soulitaire vom Studio Beardshaker Games ist der Name mehr oder weniger Programm. Wir sind ein Medium, das mittels Karten die Zukunft seiner Kunden voraussagt. Gameplaytechnisch äußert sich das in einem Solitär (wie der Name schon sagt) mahjong-artigen Spielprinzip. Wir müssen Karten auf Stapeln ablegen, die wiederum am Ende bis zu drei spirituelle Karten freilegen, mit denen wir dann ein Bild zeichnen (Bild siehe links) können und so den Kunden die Zukunft prophezeien. Wie wir das fertige Gekritzel interpretieren, hängt aber von uns ab. Die Karten sind dabei nummeriert und wir können nur anlegende Zahlen ablegen. In dem Beispiel im Bild können wir keine der beiden Nullen nehmen, da sie nicht direkt kleiner oder größer, als die Zwei auf dem Ablagestapel ist. Die von dem Text verdeckte Eins aber schon.

Dieses System erfordert also eine gewisse Strategie, die mir sehr gut gefallen hat.
Das Spiel wurde klar und deutlich von Coffee Talk inspiriert. Gerade die ruhige Atmosphäre und die Dialog-Passagen zwischen den Spielen erinnern stark an die koffeinhaltige Vorlage, es bringt aber mit seinem einzigartigen Artstyle und Setting frischen Wind in dieses doch sehr selten bediente Genre. Die Dialoge sind in meinem Eindruck noch etwas plump (aber nicht schlecht) geschrieben und die Story ergibt sich hoffentlich erst später, aber ich sehe auch hier großes Potential in Soulitaire.
Was mich allerdings etwas betrübt ist, dass Beardshaker Games noch so früh in der Entwicklung steckt, dass das Spiel wahrscheinlich erst in ein paar Jahren herauskommen wird. Die Entwickler suchen gerade einen Publisher und Investoren, um das Spiel weiterzuentwickeln. Ich hoffe, dass das Endprodukt die lange Wartezeit wert ist, denn auf der Gamescom hat mich Game und Team begeistert.

Shadows of Doubt

Das Spiel, dass mich wohl am meisten überrascht hat dieses Jahr, war wohl Shadows of Doubt. Es handelt sich um einen Detective Simulator. Und das Wörtchen Simulator nimmt das Spiel wirklich sehr ernst.
Als Privatdetektiv müssen wir in einer zufällig generierten Stadt Fälle lösen. Das tun wir, indem wir Beweise sammeln, Zeugen befragen und Erkenntnisse zusammenfügen. Das ganze müssen wir dann auf einem Clipboard aufgliedern und so Schlüsse ziehen, die wiederum den Fall lösen. Das klingt simpel, wurde aber mit einer Akribie umgesetzt, die mich wirklich beeindruckt hat.
Das Spiel soll auch eine kleine Story haben, die ich aber bis auf einen kleinen Wink am Anfang in meinem Anspielen noch nicht wirklich mitbekommen habe.

Auf den ersten Blick kann natürlich der reduzierte Pixel-Look, die Komplexität des Beweissystems und die platten Dialogoptionen für den ein oder anderen abschreckend wirken, Shadows of Doubt hat meiner Einschätzung nach aber deutliches Potential.
Wer einen Hang zur Deduktion hat und sich wirklich analytisch mit dem aufklären von Fällen beschäftigen will, der sollte Shadows of Doubt wirklich eine Chance geben. Das allerdings, wie es bei Indie Games leider immer so ist, frühestens 2023 auf Steam.

The Siege and the Sandfox

Zu guter Letzt ein Jump-and-Run-Stealth Game.
In the Siege and the Sandfox vom Entwickler Cardboard Sword spielen wir den Prinzen… nein Moment… falsches Spiel… Wir spielen Sandfox, den Chef-Assassinen des Königs eines imaginären, nahöstlichen Landes. Dem wird am Anfang des Spiels unmittelbar der Mord am König angehängt und er wird zum Tode verurteilt und schwer verletzt im Keller des Gebäudes dem Tod überlassen.  Von hier aus müssen wir uns dann zurück kämpfen in den Palast. Das klingt nach einem Action-Metroidvania-Plattformer wie beispielsweise Dead Cells, aber ist es nicht. Sandfox ist nämlich ein Assassine mit einem Kodex und kann daher keine unschuldigen umbringen. Wir dürfen also niemanden töten. Also nur schleichen und wenn nötig Wachen betäuben.

Das Spiel verbindet Parkour mit Stealth- und Metroidvania Gameplay. Was sich in meinem kurzen Test besonders gut anfühlte, war die Vertikalität des Spiels. Die Kletterpassagen die Sprünge und die Landungen waren außerdem super präzise.
Und was mich auch wirklich beeindruckt hat, ist die grafische Gestaltung von The Siege and the Sandfox: Ich mein schaut euch das auf dem Bild mal an. Wie kann denn ein 16-Bit-Spiel so geil ausschauen? Die Lichteffekte, die Texturen, die Liebe zum Detail sowohl in der Skybox, als auch im Leveldesign… Wow.
Leider gilt auch hier wieder das alte Indie-Game-Credo: “Wir haben keine Ahnung, wann das Spiel fertig wird, deswegen können wir auch nicht sagen, wann es erscheint.” Auf Steam gab Publisher Plaion nur an, dass das Spiel irgendwann 2023 erscheinen wird.

Das waren mal meine Top 4 Indie-Spiele auf der Gamescom. Habt ihr vielleicht Ergänzungen, Vorschläge oder findet die Spiele alle doof. Dann schreibt mir doch hier drunter einen Kommentar und sagt mir eure Meinung. Ich hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen und wenn euch das noch nicht ausreicht, bald erscheint ein Gamescom-Blog-Artikel, in dem ich mal meine gesamte Erfahrung auf der Messe schildere. Den findet ihr auch direkt hier.